Besuch aus Deutschland

Erst einmal: Frohes neues Jahr! Ich weiß, ich schreibe hier viel zu selten rein, aber irgendwie bin ich ständig woanders, haha. Zuerst einmal: Yay, ich war in der Zeitung! Ende Oktober hat ein Journalist der Asahi-Zeitung (zweitgrößte Zeitung Japans und der Welt) mich interviewt und ich bin nicht nur in der Printausgabe des Lokalteils Ibaraki gelandet, sondern auch auf der Homepage. Huiui.

Der Rest des Beitrags hier bezieht sich auf den November 2023, der ein etwas arbeitsintensiverer Monat war. Die Vorbereitungen liefen schon länger und waren bereits vor meiner Ankunft zum Großteil erledigt, aber da meine Vorgängerin ja Ende Juli aufgehört hat, durfte ich unsere erste Bürgermeister-Delegation aus unserer deutschen Partnerstadt Mainburg in Bayern seit Corona bei uns begrüßen. Der dortige Bürgermeister ist seit 2020 im Amt und dies sollte sein Antrittsbesuch werden, der – bedingt durch die Pandemie – leider erst 2023 stattfinden konnte.

Alle waren in großem Stress, schließlich empfängt man nicht jedes Mal eine Delegation aus 13 Leuten, bestehend aus Bürgermeister, Stadträten, Stadtangestellter und anderen Freunden der Stadt Moriya. Da sie eine Woche bei uns bleiben würden, wurde ein schönes Programm aufgestellt mitsamt drei Übernachtungen im Homestay, da unsere Gäste gerne die japanische Alltagskultur kennenlernen wollten.

Es stand auch ein Kulturworkshop auf dem Programm und ich durfte sogar mitmachen. Hier ist zu sehen, wie ich mit einem uralten Webstuhl kämpfe.

Natürlich standen auch ein Besuch beim Bürgermeister, im Schulverpflegungszentrum, einer Grundschule und auch Sightseeing auf dem Programm, sei es Tokyo oder unsere geliebte Asahi-Bierbrauerei. Als Dolmetscher durfte ich fungieren.

Während ich mich so gut wie möglich auf die Aufgabe, zwischen Bayrisch und Ibaraki-Dialekt zu dolmetschen, vorbereitete und Reden sowie Programme übersetzte, kümmerten sich meine Kollegen um Buchungen, Essensbestellungen etc. Die Nervosität war groß, aber auch die Freude!

Ich werde an dieser Stelle nicht allzu sehr ins Detail gehen über den Delegationsbesuch, aber insgesamt betrachtet war es eine richtig ereignisreiche, tolle und lehrreiche Woche. Es war das erste Mal, dass ich professionell dolmetschen durfte und auch wenn ich hin und wieder einen Stocker hatte (unvergessen bleibt die Tour durch einen Steinbruch, bei dem die Dame von verschiedenen Steinsorten sprach, von denen auch meine japanischen Kollegen niemals gehört hatten), lief es insgesamt glatt und ich bekam ein Lob, was mich riesig freute.

Für mich ebenfalls war ein großartiger Gewinn, dass ich dadurch auch die Möglichkeit hatte, viel über Moriya, Ibaraki und Japan zu lernen, eine Gelegenheit, die man als Tourist so nicht bekommt.

Somit war die Woche sehr anstrengend für mich, da ich durchgängig am Arbeiten war – morgens wurde sich gegen 8 Uhr versammelt und dann war ich bis zum Abendessen gegen 20 oder 22 Uhr im Einsatz -, aber ich hatte eben auch so viel Spaß, dass es sich nicht zwingend wie Arbeit anfühlte. Meine Kollegen fragten mich jeden Tag, ob alles in Ordnung sei oder ich mal eine Pause brauchte, und mein Chef persönlich sorgte dafür, dass ich beim Abendessen ja auch genug aß. Vielen Dank!

Insgesamt betrachtet war die Woche wohl ein voller Erfolg. Besonders in Erinnerung bleiben wird mir der Besuch des Fuji-san, dessen Anblick mich immer wieder aufs Neue fasziniert.

Majestätisch wie eh und je steht er da, der Fuji-san, umgeben von herbstlicher Farbenpracht.

Ich kann gar nicht genau sagen, was es ist, aber wann immer man den Fuji-san sieht, muss man kurz innehalten und staunen. Kürzlich habe ich begeistert festgestellt, dass der Fuji bei gutem Wetter selbst auch in Moriya zu sehen ist, was mich tierisch gefreut hat.

Hier sollte man keine Angst vor Bienen haben.

Uns lud auch ein Herr der MIFA (Moriya International Friends Association) zu sich nach Hause ein. Er besitzt unter anderem eine Bienenfarm und wir durften den Imkern bei ihrer Arbeit zuschauen (natürlich mit Schutzausrüstung). Das war super interessant, da ich so etwas noch nie von Nahem gesehen habe. Später haben wir im Garten noch Kaki gepflückt (lecker!) und zu Mittag gegessen.

Natürlich durfte auch ein Besuch in Japans Hauptstadt, Tokyo, nicht fehlen, wenn man schon nur eine 35-minütige Zugfahrt entfernt lebt. Für das Programm hatten wir uns für Asakusa und den Skytree entschieden, da beides direkt von Moriya aus erreichbar ist (kürzerer Weg und weniger Gelegenheit, 13 Deutsche zu verlieren) und weil beide eben auch zu dem Top Sehenswürdigkeiten Tokyos gehören. Später standen noch ein Besuch beim Kaiserlichen Palast an (aufgrund eines Feiertags durfte man nicht hineingehen).

Der Rest des Novembers verlief dann etwas ruhiger. Am 10. hatten wir ein Willkommensessen für eine neue Kollegin, die im Oktober angefangen hatte (wir mussten das Essen auf den November legen, weil im Oktober alle mit Vorbereitungen beschäftigt waren).

Die Wunderkerzen sind leider schon aus, aber lecker Obst und Kuchen ist immer gut. Ich habe alles natürlich mit meinen Kollegen geteilt.

Während des Essens haben mich meine Kollegen mit einem Geburtstagsgruß überrascht – einige hatten sogar gelernt, auf Deutsch „Alles Gute“ zu sagen! Ich habe mich tierisch gefreut, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass jemand meinen Geburtstag im Blick hat, haha. Meine Kollegin hat später herausgefunden, dass man in Deutschland nicht VOR dem Geburtstag gratulieren darf, und sich entschuldigt – ich habe gesagt, dass es nicht schlimm ist, weil wir ja in Japan sind, wo das kein Problem ist, haha.

An meinem Geburtstag selbst traf ich mich abends mit einigen Freunden zum Abendessen mit anschließendem Karaoke. Das hat viel Spaß gemacht.

Der Rest des Monats verlief dann aber auch wirklich ruhiger, hehe.

Ibaraki Querbeet

Mitte Oktober schlug meine Kollegin Suzuki-san vor, mit mir ein wenig durch Ibaraki zu fahren, damit ich mir die Präfektur anschauen könnte. Da die Verkehrsanbindung in den Norden nicht so pralle ist (da oben wird es doch eher ländlich), ist es gar nicht so einfach, mit öffentlichen Verkehrsmitteln herumzufahren. Ich freute mich sehr über das Angebot und nahm dankend an. Wir entschieden, einen Urlaubstag zu nehmen, damit wir uns nicht mit allzu vielen Menschenmassen herumschlagen mussten.

Allerlei Farben in einem Bild! Und ganz hinten das Meer.

Als Erstes fuhren wir zum Hitachi Seaside Park (Hitachi Kaihin Kôen), der etwa eine Stunde nördlich von hier am Meer liegt. Nicht nur ist er gigantisch; im Herbst blühen da auch Kokia-Pflanzen, die eigentlich grün sind, im Herbst aber eine blutrote Färbung annehmen. Ich wollte das super gerne einmal sehen, da man, wenn man nach Sightseeing in Ibaraki sucht, eigentlich sofort diesen Park findet (im Mai gibt es da wohl ein Meer aus blauen Blumen).

Es ist gar nicht einmal so einfach, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, da die Pflanzen nur wenige Tage lang rot sind, ehe sie vertrocknen. Glücklicherweise gibt es auf der Homepage des Parks einen Kalender, der eine Prognose anzeigt. Da der Sommer dieses Jahr ziemlich lang war, war es erst verhältnismäßig spät soweit, aber in der zweiten Oktoberhälfte war es soweit. Und es hat sich gelohnt!

Zwar war gar nicht einmal so wenig los (obwohl Wochentag war), aber es war wirklich schön, die vielen Blumen zu sehen. Und nicht nur die Kokia waren interessant; darüber hinaus gab es noch viele andere bunte Pflanzen wie Kosmos- oder Mohnblumen. Ich bin ja eigentlich kein allzu großer Blumenfan, aber trotzdem war es schön, wie bunt alles war!

Neben den Blumen gibt es im Park auch noch ein kleines Waldstück, einen Freizeitpark für Kinder und ein paar alte japanische Häuser zu bestaunen. Definitiv ein toller Ort und ich möchte gerne nächstes Jahr im Mai hin, um mir die blauen Nemophila-Blumen anzusehen, die dann blühen sollen.

Nach dem Park fuhren wir nach Ôarai, eine Stadt ein bisschen südlich von Hitachi. Auch dort gibt es ein paar interessante Sehenswürdigkeiten und mich interessierte insbesondere der Isosaki-jinja, ein Schrein ganz dicht an der Küste. Er ist bekannt dafür, dass eines seiner torii (die Schreinstore) vor der Küste auf einem Felsen im Meer steht. Offenbar kam vor langer Zeit die Gottheit des Schreins durch dieses Tor herein.

Tada. Ein Steintor im Wasser.

Keine Ahnung, wer woher kam, aber ich fand es interessant, dass das Tor im Wasser steht und wollte es mir gerne anschauen. Außerdem mag ich das Meer sehr gerne und ich muss sagen, dass das Meer in Ibaraki wirklich toll aussieht!

In Ôarai steht auch ein relativ großes Aquarium, das wir uns nebenbei auch ansahen. Drinnen gab es allerhand verschiedene Tiere zu sehen und ich war entzückt, dass es meine geliebten Röhrenaale gab. Win!

Wir aßen im Aquarium etwas zu Mittag (lecker Curry, nom) und machten uns dann auf den Weg zurück, wobei wir hier und da anhielten, um ein paar schöne Fotos zu machen und/oder Souvenirs für das Büro zu kaufen. Die Omiyage-Kultur in Japan ist sehr wichtig:

Blick aus einem Aussichtsturm in Ôarai.

Wenn man irgendwo hinfährt, dann bringt man seiner Familie/Freunden/den Arbeitskollegen in jedem Fall etwas mit. In den allermeisten Fällen ist es eine Knabberei, die typisch für den Ort ist, den man besucht hat. Dafür gibt es auch speziell an jedem Touristenort einen oder mehrere Läden, die diese speziell abgepackten Omiyage verkaufen. Meist kauft man daher gleich eine Packung mit 15 oder 20 Keksen oder Süßigkeiten, damit jeder eines bekommt. Und das Schöne: Wenn andere wegfahren, bekommt man auch etwas 🙂

Von etwas weiter weg sieht das Tor ganz klein aus.

Ehe wir zurück nach Moriya fuhren, ging es noch in den Ibaraki Flower Park in Ishioka (da, wo ich auch auf einem Fest gewesen war. Diesmal waren wir jedoch nach Anbruch der Dunkelheit da, weil der Park schön beleuchtet war. Illuminations sind sehr beliebt in Japan uns besonders in der kalten Jahreszeit (zu Weihnachten!) gibt es super viele davon. Dann werden ganze Parks oder Alleen mit Lichtern verschönert. Hier in Moriya haben wir auch ein paar wenige, was ziemlich hübsch ist. Das Beste ist aber, dass sie mit Solarenergie betrieben werden, hehe.

Die Lichter im Ibaraki Flower Park waren auch sehr schön anzusehen. Alles leuchtete und es war sehr ruhig, weil nicht so viele Menschen da waren, was mir gut gefiel.

Nach dem Park fuhren wir zurück nach Moriya. Es war in jedem Fall ein toller Ausflug und ich habe mich gefreut, so viel von Ibaraki in nur einem Tag sehen zu können! Natürlich hat Ibaraki noch ein paar mehr tolle Orte zu bieten, doch darüber berichte ich dann gerne ein andermal.

Zum Abschluss noch ein Foto, das ich auf dem Rückweg aus dem Autofenster gemacht habe.

Hoch hinaus

Achtung, viele Bergfotos! Leider hat meine Kamera entschlossen, Bilder zu zerstören, weshalb es „nur“ Handybilder sind. Zum Glück ist die Handykamera ziemlich gut…

„Ich würde total gerne mal in die Berge fahren, nach Hakuba oder so… Aber dafür braucht man ein langes Wochenende, drei Tage oder so.“ – „Nächste Woche Montag ist frei, da sind drei Tage.“ – „… Lass mal nach Hakuba fahren.“

Hübsch finde ich diese Entenschnäbel zwar nicht, aber schnell sind sie.

So in etwa lief ein Gespräch zwischen mir und Momo Ende September ab. Ich liebe es, so spontan zu sein und kurze Ausflüge zu planen. Wir fragten noch ein paar andere Leute und am Ende waren wir zu viert, die wir Mitte Oktober zusammen nach Hakuba (白馬, wörtlich „weißes Pferd“ – angeblich kann man in der Bergkette die Silhouette eines Pferdes erkennen) in der Präfektur Nagano fuhren, um uns die japanischen Alpen anzusehen.

Hakuba war in den 90ern einmal Austragungsort der olympischen Winterspiele und ist bekannt für seine Skipisten.

Im Shinkansen gibt es richtig viel Beinfreiheit. Ich konnte meine Beine sogar ausstrecken!

Wir entschlossen uns, mit dem Shinkansen nach Nagano zu fahren und von dort den Bus zu nehmen, da es so am schnellsten ging. Die Shinkansen-Fahrt dauerte nur eine Stunde und ich war sehr gespannt, war ich doch noch nie zuvor Shinkansen gefahren. Und das nach all der Zeit in Japan, haha. Irgendwie hat sich nie die Gelegenheit ergeben oder es war zu teuer.

Auf jeden Fall hat es sich gelohnt und ging wirklich schnell. Da wir erst nachmittags losfahren konnten, war es zwar schon dunkel, als wir ankamen, aber dennoch konnten wir noch in der Unterkunft zu Abend essen und uns im Konbini eindecken. Am nächsten Tag wollten wir früh los und auf Bergen herumklettern.

Da es bei unserer Ankunft stockfinster (also wirklich – wir machten unsere Handys an, weil es kaum Straßenlaternen gab) war, wussten wir gar nicht, wie die Gegend aussah, in der wir uns befanden. Umso begeisterter waren wir am nächsten Morgen, als wir aus dem Fenster sahen und sich uns folgender Anblick bot:

Ja, bin ich hier im Paradies?

Weiße Berge! Wie schön!

Also, wenn es in den Alpen immer so aussieht, würde ich glatt dahin ziehen, haha.

Nach einem überraschend europäischen Frühstück packten wir ein paar warme Klamotten ein und gingen dann hinaus. Der Plan war es, mit der Seilbahn und einem Skilift auf etwa 1.500 Meter zu fahren und die letzten etwa 500 Meter zu Fuß hinaufzusteigen. Natürlich konnte man auch die gesamte Strecke zu Fuß gehen, aber das dauert viel länger und wir sind alle auch keine geübten Bergsteiger.

Der Kontrast zwischen Grün und Weiß gefällt mir gut.

Ich gebe zu, es war stellenweise ganz schön anstrengend, obwohl es nicht wirklich Klettern war. Der Weg war teilweise aber schon ziemlich steinig, weshalb der Aufstieg gar nicht mal so einfach war. Ich war froh über meine Wanderstiefel, die endlich mal richtig zum Einsatz kamen. Wir waren auch nicht die einzigen Touristen und es gab ein paar Orte, an denen man kurz verschnaufen konnte, ehe man den Gipfel erreichte.

Es gibt natürlich mehr als nur einen Gipfel, aber wir wollten gerne zum Happo-ike, einem Teich auf einem der Berge in 2.060 Metern Höhe. Der Aufstieg von der letzten Station aus dauerte etwa zwei Stunden, doch es lohnte sich, da sich uns ein atemberaubender Anblick bot.

Happo-ike in 2.060 m Höhe.

Wir gingen noch ein kurzes Stück hinauf, da man oben gut sitzen konnte. Ein Schild warnte vor dem weiteren Aufstieg, da es nur für erfahrene Bergsteiger empfohlen ist und keine Haftung übernommen wird. Wir wollten aber auch nicht weiter und waren zufrieden mit dem See. Wir machten eine kurze Pause, knabberten ein paar unserer Snacks und stießen mit Hakuba-Bier an.

Hin und wieder zogen Wolken vorbei.

Oben war es mit zwei Grad ziemlich frisch und daher war es ganz gut, dass wir einige Lagen mitgenommen hatten. Wir beobachteten die Wolken, die teilweise auf unserer Höhe waren und entschieden nach einiger Zeit, wieder hinabzusteigen, zumindest bis zum Skilift.

Der Abstieg war etwas einfacher als der Aufstieg, auch wenn man bei den Steinen aufpassen musste. Schließlich war aber auch das geschafft und wir blieben ein wenig stehen, um die Aussicht zu genießen, und holten uns dann noch einen wärmenden Kaffee.

Nach einiger Zeit bekamen wir Hunger und es war doch recht frisch, weshalb wir am Nachmittag wieder hinunterfuhren und in einem der unzähligen Restaurants etwas aßen. Dann gingen wir noch ein wenig durch den Ort spazieren, ehe wir abends ins Hotel zurückkehrten, zu Abend aßen und den Tag mit einigen Runden Uno (Klassiker) ausklingen ließen.

Am nächsten Tag ging es auch schon zurück. Es war kurz, aber definitiv ein toller Ausflug! Ich war richtig fasziniert von den Bergen und glaube, es dürfte einer der schönsten Orte sein, die ich je gesehen habe. Ich kann es kaum erwarten, mal wieder in die Berge fahren zu können und habe mir vorgenommen, jetzt öfter wandern zu gehen. Morgen geht es zum Mt. Tsukuba – dieser ist zwar „nur“ 877 Meter hoch, aber ich freue mich trotzdem schon sehr darauf.

Tschüss, Hakuba. War echt schön hier!